Ganz gleich, ob man sich in einem Krankenhaus, einem Altenheim oder bei mobilen Pflegediensten erkundigt, alle sprechen sie von den enormen Ausmaßen, die der Pflegenotstand mit sich bringt: Zu wenig Personal, zu viel Arbeit für zu wenige Pflegekräfte - auf eine Pflegekraft kommen nicht selten mehr als 3 zu pflegende Personen. Zusätzlich zum pflegerischen Aufgabenbereich kommen häufig organisatorische und administrative Aufgaben, die manuell gelöst werden müssen. Doch eine Option gibt es noch: Die Digitalisierung!
Digitalisierung in der Pflege: Das plant die Bundesregierung
Das vom Bundesrat gebilligte Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege hat sich einige Punkte auf die Fahnen geschrieben. Unter anderem sollen digitale Helfer für Pflegebedürftige, Telemedizin und die Etablierung einer digitalen Infrastruktur die Pflegeberufe entlasten und die Arbeitsbedingungen verbessern. In Zukunft soll die Möglichkeit bestehen, digitale Anwendungen wie Apps für Gedächtnistraining oder Sturzprävention in die Regelversorgung aufzunehmen. Natürlich möchte man auch die Kommunikation zwischen Gepflegten, Angehörigen und Pflegekräften verbessern – digital, versteht sich. Des Weiteren soll eine digitale Patientenakte als neuer Standard in Kliniken und Heime implementiert werden, um den manuellen Aufwand zu minimieren und administrative Vorgänge zu beschleunigen.
Der Fokus der Bundesregierung liegt also ganz klar auf einer Digitalisierung administrativer und organisatorischer Aufgaben sowie auf der Nutzung neuartiger Applikationen, die zum Beispiel bei der Genesung bestimmter Leiden unterstützen, oder Komplikationen vermeiden sollen. Die Pläne des neuen Gesetzes klingen zwar vielversprechend, doch reichen sie wirklich aus, um die Pflege spürbar zu entlasten oder gar zu reformieren?
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Die Digitalisierung und der Mensch
Es gibt wohl kaum ein Berufsfeld mit mehr menschlichem Kontakt als die Pflege. Der wohl schönste Teil des Pflegeberufs ist gleichzeitig aber auch der, der die Pflegekräfte am meisten fordert: die Arbeit am Menschen selbst. Nicht selten müssen Pflegekräfte zwischen den zu pflegenden Personen hin und her eilen und sich parallel dazu mit administrativen Aufgaben befassen. Gerade dann, wenn sich zu wenig Personal auf Station befindet, weil sich die Kollegin aufgrund von Überforderung kurzfristig krankgemeldet hat, steigt der Stresspegel massiv an. Nun stellt sich hier folgende Frage: Können die Prozesse der Digitalisierung hier Hilfestellung leisten und kann der Mensch spürbar von ihnen profitieren – sowohl die Pflegekraft als auch der Pflegebedürftige? Die Antwort darauf ist nicht leicht gegeben, sondern hängt von den Möglichkeiten ab, die die Digitalisierung im Laufe der Zeit mit sich bringt.
Fest steht: Die Pflege wird niemals eine vollständig automatisierte Dienstleistung sein, sondern wird vermutlich immer in Verbindung mit menschlichem Handeln geschehen. Allerdings birgt die Digitalisierung enormes Potenzial, die Arbeit der Pflegekräfte zu erleichtern und diese zu entlasten. Ein großes Problem der heutigen Pflege ist es, dass kaum Zeit für Gespräche zwischen Pflegekraft und Patient bzw. Bewohner bleibt, dass die Pflegebedürftigen nicht selten wie Nummern wahrgenommen werden, die es schlicht und einfach abzuarbeiten gibt. Das ist keinesfalls ein Angriff auf Pflegekräfte, sondern verdeutlicht lediglich den unglaublichen Stress und Zeitdruck, unter dem diese regelmäßig stehen. Hier kann die Digitalisierung eingreifen und durch Mittel wie automatisierte Reinigungsgeräte und Pflegebetten, Transportroboter oder einfach gestaltete Applikationen Abhilfe schaffen, um den Pflegekräften mehr Zeit zu verschaffen und Arbeit abzunehmen bzw. diese deutlich zu erleichtern.
In manchen Fällen fürchten sich Pflegekräfte davor, dass durch die Digitalisierung eine vollständige Automatisierung der Pflege stattfindet und der Mensch im Laufe der Zeit überflüssig wird. Zwar ist diese Angst verständlich, doch bleibt sie unbegründet. Digitale Helfer, ganz gleich, ob es sich tatsächlich um Hilfsroboter oder Applikationen handelt, sollen den Menschen nicht vollständig ersetzen und können es auch gar nicht. Sie sollen lediglich bestimmte Aufgaben übernehmen, diese effizient und effektiv ausführen und den Pflegekräften eine Last von den Schultern nehmen. So kann deren Fokus im Laufe der Zeit wieder mehr auf die Patienten bzw. Bewohner gerichtet werden.
Was möglicherweise paradox klingt, aber eine gegebene Tatsache darstellt: Die Digitalisierung birgt das Potenzial, die Pflege menschlicher zu machen.
Was kann die Digitalisierung und was kann sie nicht?
Letztendlich sollte klar sein, dass eine Digitalisierung der Pflege keinesfalls ein Allheilmittel für all die bestehenden Problematiken des Pflegeberufs darstellt, doch lassen sich ein paar kurze Vorteile benennen, die durchaus eine positive Wirkung erzielen können:
- Durch angewandte IT steigt die Attraktivität des Pflegeberufs, da mögliche Kompetenzen von Pflegekräften in den Beruf mit eingebracht werden können.
- Die Nutzung von Applikationen und mobilen Endgeräten erleichtert und beschleunigt die Ausführung bestimmter Aufgaben.
- Entlastung der Pflegekräfte generell, was den Stresspegel senkt und mehr Zeit für die Pflege an sich bietet.
- Durch digitale Kommunikation können soziale Kontakte zwischen Patienten und Angehörigen aufrechterhalten werden, auch in Zeiten der Isolation.
- Eine ständig vorhandene Wissensdatenbank ermöglicht den schnellen Zugriff auf Informationen.
- Mithilfe von Robotik können starke körperliche Belastungen der Pflegekräfte vermieden werden, um auch deren Gesundheit zu erhalten.
Letztendlich wird also sichtbar, dass die Digitalisierung zwar eine große Chance darstellt, sie allerdings noch nicht voll ausgeschöpft wird. Zu wenige Krankenhäuser und Pflegeheime sind mit moderner Technik ausgestattet oder setzen diese angemessen ein. Des Weiteren fehlen nach wie vor ausreichend finanzielle Mittel, um eine entsprechende Ausstattung zu gewährleisten. Die Entwicklung innerhalb des Pflegeberufs in Richtung Digitalisierung hat zwar begonnen, doch ist diese nach wie vor zu langsam und ungenügend, um den Pflegekräften eine tatsächlich spürbare Entlastung zu sein.
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