Gewalt in der Pflege ist kein einseitiges Thema. Sowohl die Ursachen als auch die Formen der Gewalt sind vielfältig. Zu den Ursachen gehören Stress, Überforderung, Zeitdruck, zwischenmenschliche Konflikte, Wohnverhältnisse oder finanzielle Probleme. Oft führen gleich mehrere dieser Faktoren zum Einsatz von Gewalt – das kann sowohl professionelle Pflegekräfte als auch pflegende Angehörige betreffen. Aber auch Pflegebedürftige können ihren Betreuern gegenüber gewaltsam werden. Zum Beispiel bei Demenz oder Gefühlen von Hilflosigkeit, Abhängigkeit, Angst und Verzweiflung.
Bei Gewalt in der Pflege muss es sich nicht zwangsläufig um körperliche Übergriffe handeln. Auch freiheitsentziehende Maßnahmen, respektloses Verhalten, das Vorenthalten von Hilfe, das Bevormunden und Kontrollieren der Pflegebedürftigen zählt zur Gewalt in der Pflege.
Pflege-Charta soll vorbeugen und unterstützen
Wie alle anderen Menschen auch haben Pflegebedürftige ein uneingeschränktes Recht darauf, dass ihre Würde respektiert wird. Um dieses Recht zu gewährleisten beziehungsweise seine Umsetzung im Pflegealltag zu unterstützen, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die sogenannte Pflege-Charta aufgesetzt. Die Charta soll allen in der Pflege tätigen Menschen als Leitfaden dienen und Qualitätsmerkmale guter Pflege hervorheben. Sie besteht aus insgesamt acht Artikeln.
Pflegebedürftige haben ein Recht auf:
1: Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe
- Willens- und Entscheidungsfreiheit
- Fürsprache und Fürsorge
- Selbstbestimmtes Leben
- Wahl von Leistungen und Anbietern
- Respektierung der Lebensweise
- Gesundheitsförderung, Prävention
- Regelung finanzieller, behördlicher und rechtsgeschäftlicher Angelegenheiten
- Berücksichtigung von Vollmachten und Verfügungen
2: Körperliche und seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit
- Schutz vor Gewalt
- Schutz vor Vernachlässigung
- Schutz vor unsachgemäßer Pflege und Behandlung
- Schutz vor freiheitseinschränkenden Maßnahmen
- Hilfe gegen Gewalt
3: Privatheit
- Beachtung des Privatbereichs
- Möglichkeit des Rückzugs
- Verwendung privater Gegenstände in Einrichtungen
- Beachtung von Schamgefühl
- Wahrung des Briefgeheimnisses
- Schutz der persönlichen Daten
4: Pflege, Betreuung, Behandlung
- Kompetente und zugewandte Pflege, Betreuung und Behandlung
- Individuelle Pflege
- Geplante Pflege
- Feste Ansprechpersonen
- Aktivierende Pflege
- Bedürfnisgerechte Ernährung
- Fachgerechte Linderung von Beschwerden
- Kommunikation und Kooperation
- Zusammenarbeit mit Angehörigen und ehrenamtlichen Helfenden
- Reaktion auf Beschwerden
5: Information, Beratung und Aufklärung
- Umfassende, individuelle Beratung
- Wahl des Beraters
- Anleitung pflegender Angehöriger
- Transparenz über Kosten und Leistungen
- Medizinische und pflegerische Aufklärung und Beratung
- Einsicht in Dokumente
6: Kommunikation, Wertschätzung und Teilhabe an der Gesellschaft
- Respektvoller Umgang
- Beachtung von Bedürfnissen und Erfordernissen zur Verständigung
- Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
- Mitsprache in Einrichtungen
- Beteiligung an allgemeinen politischen Wahlen
7: Religion, Kultur und Weltanschauung
- Kultursensible Pflege, Betreuung und Behandlung
8: Palliative Begleitung, Sterben und Tod
- Individuelle Sterbebegleitung
- Unterstützung von Angehörigen
- Selbstbestimmung am Lebensende
- Respekt gegenüber Verstorbenen
Wie die Pflege-Charta in der Praxis umgesetzt wird, erfahren Sie hier.
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