Um die Sturzgefahr im Alter zu verringern, gilt es vor allem, das eigene Risiko zu kennen. Risikofaktoren müssen erkannt und behoben werden. Dazu sind vielzählige Maßnahmen erforderlich: Die Anpassung der Inneneinrichtung, die Installation von Hilfsmitteln, Umbaumaßnahmen, ärztliche Vorsorge und körperliche Fitness stehen auf dem Programm, wenn Sie dem Sturzrisiko den Kampf ansagen wollen. Doch wie hoch ist eigentlich das eigene Risiko und was genau kann man tun? Wir zeigen Ihnen alle wichtigen Maßnahmen im Überblick und geben Tipps zu Finanzierung und Zuschüssen.
Wie hoch ist mein Sturzrisiko?
Das eigene Sturzrisiko einzuschätzen, ist gar nicht so leicht. Viele Menschen schätzen sich selbst fitter ein als sie sind und betrachten Maßnahmen zur Sturzprophylaxe als unnötig oder übertrieben. Und das, obwohl ihr Sturzrisiko vielleicht größer ist, als sie denken. Zwei einfache Tests können bei der Selbsteinschätzung helfen:
Der Chair-Rising-Test
Für diesen Test benötigen Sie lediglich einen Stuhl. Die Testperson muss versuchen, innerhalb von 11 Sekunden oder weniger 5 Mal aus dem Stuhl aufzustehen und sich wieder hinzusetzen. Wer das nicht schafft, ohne sich abzustützen, gilt als sturzgefährdet.
Timed-Up-and-Go-Test
Bei diesem Test soll die Testperson versuchen, aus einem Stuhl mit Armlehnen aufzustehen, 3 Meter geradeaus zu gehen, sich umzudrehen, zurückzugehen und sich wieder hinzusetzen. Gehhilfen sind bei dieser Übung erlaubt. Wer diese Übung in 10 Sekunden schafft, gilt nicht als sturzgefährdet. Bei 20 Sekunden sollte das Sturzrisiko weiter getestet werden. Ab 30 Sekunden liegt wahrscheinlich eine erhöhte Sturzgefahr vor.
Wichtig: Führen Sie diese Tests nicht alleine durch, sondern bitten Sie Angehörige oder Freunde um Hilfe. Testen Sie sich nur, wenn Sie sich fit genug dazu fühlen. Halten Sie auf jeden Fall Rücksprache mit Ihrem Arzt!
Ursachen: Risikofaktoren für Stürze
Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt vier verschiedene Sturzrisikofaktoren:
Biologische Faktoren: Alterserscheinungen, chronische Erkrankungen, Funktionseinbußen
Verhaltensbedingte Faktoren: Medikamenten-Nebenwirkungen, starker Alkoholeinfluss, unangemessenes Schuhwerk
Umgebungsbedingte Faktoren: Unzureichende Beleuchtung, rutschige Bodenbeläge, steile Treppen und fehlende Geländer
Sozioökonomische Faktoren: beschränkter Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, unzureichende Wohnungsbedingungen
Wichtig: Für einen Sturz gibt es meistens mehr als eine einzelne Ursache. Oft kommt es zu einer Verkettung mehrere Risikofaktoren. Um Stürzen vorzubeugen, müssen Sie also breit denken und alle möglichen Risiken minimieren.
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Wohnraum anpassen und Hilfsmittel nutzen
Die Sturzgefahr zu Hause können Betroffene und ihre Angehörigen schon mit ganz einfachen Mitteln selbst verringern. Zum Beispiel sollten sie
- Stolperfallen entfernen, indem sie möglichst auf Teppiche, Vorleger oder lose Kabel verzichten.
- das Badezimmer sichern, indem sie Haltegriffe montieren und in der Dusche oder Badewanne Anti-Rutsch-Matten anbringen.
- Licht ins Dunkel bringen, indem sie Nachtlichter in der Wohnung anbringen, sodass der Betroffene sich auch nachts orientieren kann.
- Durchgänge und Stufen freihalten, indem sie z.B. Dekoration, Schuhe und andere lose Gegenstände sicher verstauen.
Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
Personen mit Pflegegrad haben Anspruch auf einen Zuschuss für sogenannte wohnumfeldverbessernde Maßnahmen. Er beträgt bis zu 4.000 Euro – Ehepaare mit Pflegegrad können sogar das Doppelte erhalten, also 8.000 Euro. Der Zuschuss muss bei der Pflegekasse beantragt werden.
Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen können zum Beispiel folgende sein:
- Einbau eines Treppenlifts
- Anbringung eines Geländers im Treppenhaus
- Anbringung von Stützgriffen in der Wohnung
- Verlegung von rutschsicheren Bodenbelägen
- Umbau einer Wanne zur Dusche
- Einbau einer barrierefreien Dusche
- Einbau einer Badewannentür
- Einbau einer barrierefreien Toilette
- Installation von Bewegungsmeldern
- Installation besser erreichbarer Lichtschalter
- Abbau von Türschwellen
- Abbau von sonstigen Stolperfallen
Übrigens: Neben dem Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen gibt es noch weitere finanzielle Förderungen, die Sie eventuell nutzen können. Mehr dazu lesen Sie in unserem Beitrag 8 Zuschüsse für barrierefreies Wohnen
Kostenübernahme für Hilfsmittel beantragen
Bestimmte Hilfsmittel kann man bei der Krankenkasse beantragen. Diese finanziert die Hilfsmittel, wenn sie medizinisch notwendig sind. Ob eine Kostenübernahme möglich ist, kommt also immer auf den Einzelfall und das jeweilige Hilfsmittel an.
Mögliche Hilfsmittel, die das Sturzrisiko minimieren können, sind unter anderem:
- Bade- und Duschhilfen: z.B. Badewannenlift, Badewannensitz, Duschsitz, Duschhocker, Duschstuhl, Duschliegen, Badewannengriffe, Stützgriffe für Waschbecken und Toiletten
- Blindenhilfsmittel: z.B. Taststöcke, Hindernismelder, Orientierungsgeräte, Farberkennungsgeräte, Geräte zur Objekterkennung, Blindenführhunde
- Gehhilfen: z.B. Gehgestelle, Gehwagen, Gehstöcke, Unterarmgehstützen, Achselstützen, Rollatoren
- Kranken- und Behindertenfahrzeuge: z.B. Dusch-/Toilettenrollstühle, Rollstühle, Elektrorollstühle für den Innenraum, Elektrorollstühle für den Außenbereich, Elektromobile
- Mobilitätshilfen: z.B. Aufstehhilfen, Wandlifter, Mobile Rampen für Rollstühle und Gehhilfen
- Schuhe: z.B. Orthopädische Maßschuhe, Therapieschuhe, Spezialschuhe
- Therapeutische Bewegungsgeräte: z.B. Bewegungstrainer für Knie, Beine, Schultern, Arme, Finger
Notrufgeräte für den Fall der Fälle
Falls es trotz Vorsorge doch einmal zu einem Sturz kommt, kann ein Notrufgerät lebensrettend sein. Personen mit Pflegegrad erhalten einen Zuschuss in Höhe von 23 Euro im Monat. Diesen müssen sie bei der Pflegekasse beantragen. Normale Hausnotrufgeräte gibt es meist schon für 23 Euro im Monat, sodass Pflegebedürftige nichts dazu zahlen müssen. Andere Notruflösungen, wie zum Beispiel der Mobile Notruf, kosten etwas mehr, sodass Pflegebedürftige einen Eigenanteil zahlen müssen. Sie haben aber auch den entscheidenden Vorteil, dass sie im ganzen Haus, im Garten und sogar unterwegs genutzt werden können.
Regelmäßige Arztbesuche: Organische Ursachen behandeln
Das Sturzrisiko ist noch einmal höher, wenn gesundheitliche Probleme vorliegen. Besonders gefährlich sind in diesem Zusammenhang Sehbehinderungen, Schwindel oder Gehbehinderungen. Liegen solche Beschwerden vor, sollten Sie unbedingt mit Ihrem Arzt über die Sturzgefahr und mögliche Maßnahmen sprechen. Organische Ursachen können vom Hausarzt behandelt werden, zum Beispiel mit Sehhilfen oder bestimmten Medikamenten.
Apropos Medikamente: Auch hier ist Vorsicht geboten. Einige Medikamente können den Orientierungssinn oder den Kreislauf beeinträchtigen. Halten Sie am besten immer Rücksprache mit Ihrem Arzt, ob Ihre Medikamente das Sturzrisiko vergrößern und wenn ja, ob es eine Alternative gibt.
Fit halten: Balance- und Krafttraining
Körperliche Fitness ist ein großer Vorteil, wenn es um Sturzgefahr geht. Menschen, die viel Kraft, eine gute Balance und starke Knochen haben, stürzen in der Regel seltener. Außerdem können sie Verletzungen besser verkraften, wenn es doch einmal dazu kommen sollte. Auch für Senioren ist es deshalb wichtig, sich körperlich fit zu halten. Dazu muss es kein Leistungssport sein. Wichtig ist vor allem, in Bewegung zu sein. Denn ohne regelmäßige Bewegung nimmt die Muskelkraft ab. Besonders empfehlenswert ist eine gesunde Mischung aus Ausdauertraining (z.B. Spazierengehen), Krafttraining und Balancetraining (z.B. Gymnastik). Auf diese Weise bleiben Sie fit, beweglich und stark. Das verbessert unter anderem Ihre Koordination, den Gleichgewichtssinn und das Reaktionsvermögen und kann so gezielt Stürzen vorbeugen.
Übrigens: Auch wichtig für starke Knochen und Gelenke ist die ausreichende Versorgung mit Vitamin D. 80 bis 90 Prozent des Bedarfs kann der Körper selbst produzieren, wenn die Haut mit Sonnenlicht in Berührung kommt. Im Sommer ist das kein Problem: Einfach 5 bis 20 Minuten rausgehen und Sonne tanken.
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