Wird ein Familienmitglied zu einem Pflegefall, bedeutet das große Veränderungen und viele Fragen sowohl für den Pflegebedürftigen als auch für die Angehörigen.
Um sich schon vorher auf diese neue Situation vorzubereiten, können Betroffene eine Pflegeberatung wahrnehmen. Während der eigentlichen Pflege ist ein Beratungseinsatz dann sogar verpflichtend. Beide Varianten sind dafür kostenfrei und werden von den Kranken- und Pflegekassen bezahlt.
Das Ziel einer Pflegeberatung ist einfach: Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen eine Beratungsmöglichkeit bekommen, die sie über die ihnen zustehenden Unterstützungsmöglichkeiten kostenfrei informiert. Solche Unterstützungen umfassen in der Regel verschiedene Pflegeleistungen sowie Entlastungs- und Hilfsangebote.
Als Grundlage für die Pflegeberatung fungiert das im Jahre 2009 verabschiedete Pflege-Weiterentwicklungsgesetz. Dieses legt im Elften Sozialgesetzbuch (SGB XI) das Recht auf kostenlose sowie professionelle Informationen, Beratungen und Schulungen fest. Pflegebedürftige Menschen und deren pflegende Angehörige haben demnach einen Rechtsanspruch auf:
Ferner haben Betroffene Anspruch auf Pflegeschulungen und Pflegekurse gemäß § 45 SGB XI.
Damit keine Verwirrungen auftreten, werden die zwei Beratungsformen in diesem Ratgeber unterschiedlich benannt:
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Von ihrem Prinzip her sind die Pflegeberatung und die Beratungsbesuche nahezu identisch.
Wenn man von einer Pflegeberatung spricht, sollte man sich immer genau auf die gesetzlichen Paragrafen beziehen. Grob zusammengefasst bezieht sich die Pflegeberatung auf eine einmalige Beratung, die auf das Leben in der Pflege vorbereitet.
Die Beratungsbesuche entsprechen dagegen den regelmäßig wiederkehrenden Besuchsterminen, die Menschen mit Pflegegrad und Pflegegeldempfänger wahrnehmen müssen.
Die Pflegeberatung dient in erster Linie zur Organisation der Pflege, sobald ein Pflegefall absehbar oder bereits eingetreten ist.
Konkret soll die Pflegeberatung:
Anspruch auf eine Pflegeberatung haben Personen
Im letzten Fall müssen die pflegenden Angehörigen die Zustimmung des Pflegebedürftigen einholen.
Innerhalb von normalerweise 14 Tagen nach Antragstellung oder bei Bedarf einer Begutachtung zur Ermittlung einer Pflegebedürftigkeit wird die Pflegekasse einen Termin für eine Pflegeberatung vorschlagen.
Bei einer Pflegeberatung legen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ihr Vertrauen in die Hände einer ihnen fremden Person. Der Erfolg einer guten Beratung steht und fällt mit der Qualifikation und fachlichen Kompetenz des Pflegeberaters.
Ausgeführt wird die Pflegeberatung gemäß den Vorgaben des GKV-Spitzenverbandes ausschließlich durch:
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Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) gibt ein festes Schema vor, nach dem sich die Pflegeberater richten. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Pflegebedürftigen alle für sie relevanten Informationen gleichwertig erhalten.
Im Laufe der Pflegeberatung sollen folgende Punkte besprochen und geklärt werden:
Es sollte immer ein Versorgungsplan angefordert werden. Dieser ist essenziell für die Durchführung der geplanten Maßnahmen zur Pflege und Versorgung. Die darin festgehaltenen Absprachen sind verbindlich und können jederzeit abgerufen und nachgelesen werden.
Das oberste Ziel eines Beratungsbesuches ist es, die Qualität der häuslichen Pflege zu sichern und den Pflegebedürftigen sowie deren Angehörige regelmäßig bei der Pflege zu unterstützen und zu beraten. Der Schwerpunkt der immer wiederkehrenden Besuche liegt auf der Sicherstellung des Wohlergehens der betroffenen Pflegebedürftigen.
Wie auch bei der Pflegeberatung, müssen die Berater der Beratungsbesuche entsprechende Qualifikationen mitbringen. Personen, die einen Beratungsbesuch durchführen dürfen, sind:
Während der Besuchstermine werden unterschiedliche Themen vom Beratungspersonal angesprochen. Je nach Schwere des Pflegegrades werden die Beratungsschwerpunkte unterschiedlich gelegt. In der Regel umfassen die Beratungsbesuche diese Themen:
Nach jedem Besuchstermin schicken die Pflegeberater einen entsprechenden Nachweis an die Pflegekasse. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen genießen dadurch den Vorteil, den Besuchstermin nicht eigenständig nachweisen zu müssen.
Ab dem Pflegegrad 2 sind die Beratungsbesuche verpflichtend.
Die Pflegekasse kann das Pflegegeld kürzen oder sogar ganz streichen, wenn die Beratungsbesuche nicht regelmäßig in Anspruch genommen werden. Pflegebedürftige und deren Angehörigen müssen sich selbst um die Einhaltung der vorgeschriebenen Termine kümmern, da die Pflegekasse nicht aktiv darauf hinweist.
Die Kosten für die Pflegeberatung sowie für den Beratungsbesuch werden von der Pflegekasse bzw. der privaten Krankenversicherung übernommen. Der Pflegebedürftige oder dessen Angehörige müssen dafür nicht in Vorleistung treten, da die Pflegeberater die Kosten direkt mit der Pflegekasse abrechnen.
Voraussetzung ist, dass die Beratung durch einen von der Pflegekasse zugelassenen Anbieter wie eine anerkannte Beratungsstelle oder beauftragte Pflegefachkraft erfolgt.
Wird die Beratung von einem nicht zugelassenen privaten Anbieter durchgeführt, werden die Kosten nicht von der Pflegekasse übernommen.
Merkmale | Pflegeberatung nach $ 7a | Beratungsbesuche nach § 37.3 |
Anspruchsberechtigte |
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Zeitlicher Rahmen | Wenn Pflegebedarf das erste Mal ermittelt wird bis hin zur bedarfsgerechten Versorgung. | In regelmäßigen Abschnitten, abhängig vom entsprechenden Pflegegrad. Pflegegrad 1: Beratung ist freiwillig Pflegegrad 2 und 3: Pflichtberatung alle sechs Monate Pflegegrad 4 und 5: Pflichtberatung alle drei Monate |
Kostenträger | Kranken- und Pflegekassen | Nur die Pflegekassen |
Anbieter der Beratung |
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Ab Pflegegrad 2 sind eine Pflegeberatung und die Beratungsbesuche verpflichtend. Den eigentlichen Antrag müssen die Pflegebedürftigen oder Angehörige in Vertretung bei der Pflegekasse einreichen. Als Grundlage fungiert das Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes (MD).
Allerdings kann es vorkommen, dass der Antrag aus bestimmten Gründen abgelehnt wird, was den Bezug einer Beratung deutlich erschwert. Betroffene können gegen diese Ablehnung vorgehen und einen schriftlichen Widerspruch einlegen.
Der Widerspruch muss innerhalb von vier Wochen eingereicht werden.
Warum ein Antrag abgelehnt wird, kann verschiedene Gründe haben.
Die Einhaltung der Einreichungsfrist sollte bei der Erstellung eines Widerspruchs immer im Hinterkopf behalten werden. Die folgenden fünf Schritte können Betroffenen als Grundlage zur Vorgehensweise nutzen.
Pflegebedürftige können den Widerspruch auch von einer bevollmächtigten Person wie einem Angehörigen oder einem Sozialverband einreichen lassen. Allerdings können dabei in manchen Fällen Kosten entstehen, außer wenn die Einreichung über einen Sozialverband vollzogen wird.
Für einen reibungslosen Ablauf des Antrags sollten Betroffene folgende Dokumente bereithalten:
Für einen Widerspruch empfiehlt sich Expertise vom Fachpersonal. Betroffene können unabhängige Beratungsstellen konsultieren, wie
Diese Organisationen bieten Beratung und Unterstützung bei der Formulierung des Widerspruchs und können auch dabei helfen, notwendige Unterlagen zusammenzustellen.
Falls ein Pflegegrad-Widerspruch erfolgreich sein sollte, wird vom MD eine Wiederholungsbegutachtung angesetzt.
Dieses zweite Gutachten erfolgt unabhängig vom Erstgutachten. Es wird die gesamte Pflegesituation erneut untersucht und nicht bloß die im Widerspruch genannten Punkte.
Für die Wiederholungsbegutachtung können sich Betroffene mit diesen Tipps vorbereiten:
Im Gegensatz zur Erstbegutachtung ist bei einer Wiederholungsbegutachtung ein telefonisches Interview nicht mehr möglich.
Der Gutachter wird direkt nach der Begutachtung in der Regel noch keine Rückmeldung geben. Das Ergebnis erfahren die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen erst mit dem neuen Bescheid der Pflegekasse.
Falls selbst der Widerspruch von den Pflegekassen abgelehnt wurde, bleibt als letzte Möglichkeit die Klage vor einem Sozialgericht.
Für Klagen im Sozialrecht fallen in der Regel keine Gerichtskosten an. Es können zwar Anwaltskosten entstehen, für die Betroffene allerdings nur bei Verlust des Rechtsstreites aufkommen müssen.
Betroffene sollten zunächst sicherstellen, dass der Antrag auf einen Pflegegrad gut begründet ist und alle relevanten Informationen über den tatsächlichen Pflegebedarf enthalten. Wenn der Pflegebedarf aus ihrer Sicht und der ihrer Angehörigen klar erkennbar ist, kann ein Widerspruch eine durchaus sinnvolle Überlegung sein.
Eine rechtliche Beratung kann über die Möglichkeiten aufklären und an der Gestaltung eines Widerspruchs mitwirken. Da ein Widerspruchsverfahren auch viel Zeit und Aufwand erfordert, sollte zuvor abgewogen werden, ob man die dafür benötigte Geduld besitzt.
Letztendlich müssen Pflegebedürftige selbst entscheiden, ob sich ein Widerspruch gegen die Ablehnung eines Pflegegrades lohnen würde. Ein gut begründeter Widerspruch kann die Chancen auf eine Neubewertung des Pflegegrades jedoch deutlich erhöhen.
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