Doch der richtige Umgang mit Gesundheitsfragen ist entscheidend. Denn wer nicht bereitwillig Zeit und Nerven opfert, muss dafür teuer bezahlen. Oft steht nicht nur der Versicherungsschutz, sondern auch viel Geld auf dem Spiel. Dieser Ratgeber zeigt, welche Fallen es bei der Risikoprüfung gibt und wie Antragsteller ihnen ausweichen können.
Risikoprüfung?
Mit der Risikoprüfung bzw. den Gesundheitsfragen ermitteln Versicherungen das Risiko eines Antragstellers. Vom Ergebnis hängt ab, ob der Versicherungsantrag angenommen wird und zu welchen Konditionen. Bei Personenversicherungen ist es für den Anbieter wichtig zu wissen, in welchem gesundheitlichen Zustand sich der Antragsteller befindet. Denn je gesünder eine Person, desto geringer das Risiko, dass es zum Leistungsfall kommt. Da das Risiko bei älteren und kranken Menschen höher ist, veranschlagen Versicherungen entweder höhere Beiträge oder lehnen Anträge ab.
Wann werden Gesundheitsfragen gestellt?
Die meisten Menschen denken früher oder später darüber nach, sich für den Ernstfall abzusichern. Dazu schließen sie Policen ab, die zum Beispiel vor finanziellen Problemen bei Pflegebedürftigkeit, Krankheit oder sogar Todesfällen schützen sollen. Genau bei solchen Versicherungen müssen oft Gesundheitsfragen beantwortet werden. Dazu zählen unter anderem:
- Berufsunfähigkeitsversicherung
- Erwerbsunfähigkeitsversicherung
- Kapitallebensversicherung
- Risikolebensversicherung
- Sterbegeldversicherung
- Private Krankenversicherung
- Private Krankenzusatzversicherungen:
Pflegeversicherung
Zahnzusatzversicherung
Brillenzusatzversicherung...
Was wird alles gefragt?
Versicherungen dürfen alles fragen, was ihrer Ansicht nach wichtig für die Risikoprüfung ist. Je nach Art der Versicherung kommen unterschiedliche Fragen auf Antragsteller zu. In der Regel müssen Informationen zu folgenden Bereichen gegeben werden:
- Alter
- Gewicht
- Erkrankungen
- Beschwerden
- Störungen
- Medikamente
- Allergien
- Süchte
- Infektionen
- Operationen
- ggf. Zustand der Zähne / des Kiefers
- ggf. bereits erfolge Ablehnungen anderer Anbieter
Achtung bei unbefristeten Zeiträumen
Meistens verlangen Versicherungen Informationen über folgende zurückliegende Zeiträume:
- drei Jahre bei ambulanten Therapien
- fünf Jahre bei stationären Behandlungen
- zehn Jahre bei psychotherapeutischen Behandlungen
Antragsteller sollten nicht mehr angeben, als die Versicherung verlangt. Das führt in der Regel zu Nachteilen.
Versicherungen, die deutlich längere oder sogar unbefristete Zeiträume abfragen, sollten gemieden werden. Denn die Gefahr ist groß, dass Antragsteller dann etwas vergessen.
Wenn die Versicherung feststellt, dass Informationen verschwiegen wurden, die mit dem Leiden zusammenhängen, für die sie leisten soll, kann sie diese verweigern. Bei arglistiger Täuschung muss nicht einmal ein Zusammenhang zwischen verschwiegener Information und Schadensfall bestehen.
Der Versicherte kann seine bisher gezahlten Beiträge nicht zurückfordern. Sollte die Versicherung für den Schadensfall zahlen und es stellt sich dann heraus, dass falsche Angaben gemacht wurden, muss der Versicherte die Leistungen zurückzahlen. Sogar, wenn es gar nicht zum Schadensfall kommt, können falsche Angaben teuer werden. Die Versicherung kann die Beiträge um einen Risikozuschlag erhöhen oder vom Vertrag zurücktreten. Auch dann hat der Versicherte keinen Anspruch auf seine bisher eingezahlten Beiträge.
Welche Fallen gibt es?
Wer bei der Gesundheitsprüfung also zu schummeln versucht, hat am Ende nichts gewonnen. Doch die Schwierigkeit ist, dass selbst jemand, der nicht vorsätzlich lügt, falsche Angaben machen kann. Denn wer eine Frage anders versteht, als sie gemeint ist, kann so ehrlich antworten, wie er nur will. Am Ende hat er dennoch eine falsche Angabe gemacht und dadurch unter Umständen keinen Anspruch mehr auf seinen Versicherungsschutz. Undeutliche Formulierungen sind die größten Fallen, vor denen Antragsteller sich in Acht nehmen müssen. Wenn ganz allgemein nach „Beschwerden der Atmungsorgane“ gefragt wird, kann man nur mutmaßen, ob ein leichter Husten schon dazugehört. Einige weitere Beispiele verdeutlichen, wie schnell Missverständnisse entstehen können:
Medikamente ohne Rezept
Wenn gefragt wird, ob bestimmte Medikamente eingenommen werden, können auch Kleinigkeiten relevant sein. Kopfschmerztabletten, Hustensaft oder Magentabletten gibt es auch ohne Rezept. Deshalb geraten sie oft in Vergessenheit.
Krank ohne Arztbesuch
Nicht jeder sucht bei „kleinen Wehwehchen“ sofort den Arzt auf. Oft werden sie einfach hingenommen und ertragen. Sogar mit langfristigen Leiden wie bestimmten Ängsten oder Allergien lernen viele Menschen ohne ärztliche Hilfe zu leben. Bei Gesundheitsfragen dürfen sie aber nicht vergessen werden.
Angaben zum körperlichen Zustand
Mit optimistischem Blick in die Zukunft ein paar Kilo weniger anzugeben oder den Zigaretten- und Alkoholkonsum schönzureden, kann ein schwerwiegender Fehler sein. Denn wenn zum Beispiel eine Operation ansteht und sich die Angaben nicht mit denen des Anästhesisten decken, kann die Versicherung Leistungen verweigern.
Psychische Erkrankungen
Behandlungen, die mit psychischen Leiden zu tun haben, gelten für Versicherungen als nie wirklich abgeschlossen. Aus psychischen Problemen können viele andere Beschwerden entstehen. Deshalb lehnen Versicherungen schon Antragsteller mit kleinsten Anzeichen ab. Kinder, bei denen einmal ADHS diagnostiziert wurde, können es später schwer haben, eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu bekommen. Und auch Menschen, die schon einmal eine Familienberatungsstelle aufgesucht oder eine Ehetherapie gemacht haben, können als hohes Risiko eingeschätzt werden.
Vorläufige oder falsche Diagnose
Es kann vorkommen, dass ein Arzt den Verdacht auf eine Krankheit in der Patientenakte notiert und dieser sich später nicht bestätigt. Oder dass eine Diagnose gestellt wird, die sich dann doch als falsch erweist, aber in der Akte nicht korrigiert wird. Schon die Entfernung eines Muttermals, das im Nachhinein als gutartig erkannt wird, kann zu Problemen mit der Versicherung führen.
Achtung: Abrechnungsdiagnose
Ärzte und Patienten neigen manchmal dazu, die Darstellung bestimmter Leiden in der Patientenakte zu übertreiben. So erhält der Arzt mehr Geld von der Krankenkasse und der Patient bekommt eine bessere Versorgung. Man spricht von der sogenannten „Abrechnungsdiagnose“. Spätestens im Zusammenhang mit Gesundheitsfragen kann diese Form des Betrugs zu erheblichen Problemen führen.
Wie weicht man Fallen aus?
Der Trick ist, vor dem Abschluss einer Versicherung genau darauf zu achten, wie kundenfreundlich der Anbieter ist. Im Internet können Antragsteller nach Bewertungen suchen und ihre Entscheidung für einen Anbieter von Erfahrungsberichten abhängig machen. Außerdem bietet es sich an, die Formulare der unterschiedlichen Versicherungen zu vergleichen. Je konkreter die Gesundheitsfragen formuliert sind, desto kundenfreundlicher ist die Versicherung. Wenn eine Versicherung nach speziellen Krankheiten, Unfällen oder Behandlungen fragt, ist das ein gutes Zeichen. Denn es gibt auch Anbieter, die nur sehr allgemeine Informationen abfragen. Hier läuft der Antragsteller viel eher Gefahr, etwas falsch zu verstehen.
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann sich Unterstützung holen. Entweder bitten Antragsteller ihren Arzt um Hilfe oder einen unabhängigen Versicherungsberater. Letzterer verlangt allerdings ein Honorar.
Unser Tipp: Wenn trotz Beratung noch gewisse Dinge unklar sind, sollten sich Antragsteller mit der jeweiligen Versicherung in Verbindung setzen. Hier können sie um genauere Erläuterung einzelner Fragen bitten. Die Antwort sollte schriftlich erfolgen, damit im Streitfall Beweise vorliegen. Es ist wichtig, entsprechende Fragen zu klären, bevor eine Police abgeschlossen wird und nicht erst, wenn es schon zu spät ist.
Da für die Risikoprüfung unter anderem vergangene Untersuchungen, Behandlungen, Klinikaufenthalte und Krankschreibungen relevant sind, sollten Ärzte und Einrichtungen bereits vor Vertragsabschluss kontaktiert werden. Die Krankenkasse ist auf Nachfrage dabei behilflich, Gesundheitsdaten zusammenzutragen. In der Regel gibt sie Patientenquittungen der vergangenen 18 Monate aus. Von kassenärztlichen Vereinigungen erhalten Antragsteller sogar Daten der letzten fünf Jahre. Diese Daten müssen vom Patienten genau durchgesehen werden. Hat der Arzt womöglich den Verdacht auf eine Krankheit notiert, der sich allerdings nicht bestätigt hat? Oder ist es einmal zu einer falschen Diagnose gekommen? Kleinigkeiten wie diese können ausschlagegebend sein. Denn davon kann es abhängen, ob die Versicherung leistet oder nicht. Wer in seinen Patientendaten auf eine Falschdiagnose oder einen unbegründeten Verdacht stößt, kann den Arzt darum bitten, diese zu korrigieren. Weigert er sich, können Betroffene einen anderen Arzt aufsuchen, der sie erneut untersucht und gegebenenfalls eine Korrektur vornimmt.
Wie sichert man sich zusätzlich ab?
Um alles richtig zu machen, ist der Aufwand für Antragsteller recht groß. Damit die Mühe nicht umsonst war, können Versicherte sich mit einer Zusatzerklärung absichern, um später nicht wegen falscher oder mangelnder Angaben zur Rechenschaft gezogen zu werden. Die Zusatzerklärung könnte zum Beispiel so lauten:
„Auf die Gesundheitsfragen habe ich so geantwortet, wie es mein Erinnerungsvermögen und meine laienhafte Kenntnis erlauben. Ich bin nicht sicher, ob die Angaben vollständig sind. Mein Hausarzt, Dr. ___, kann Ihnen umfassende Auskunft geben. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an ihn.“
Auf diese Weise gehen Antragsteller zumindest sicher, dass die Versicherung ihnen keine arglistige Täuschung vorwerfen kann.
Tipp: Vom Antrag sollte eine vollständige Kopie angefertigt werden. Im Streitfall hat der Versicherte dann einen Beleg und muss nicht erst lange überlegen, welche Angaben er in der Vergangenheit bei den Gesundheitsfragen gemacht hat.
Was, wenn es Vorerkrankungen gibt?
Vorerkrankungen, so banal sie auch erscheinen mögen, dürfen nicht verschwiegen werden. Es gibt drei Optionen, wie Versicherungen mit Vorerkrankungen umgehen:
- Der Antrag wird abgelehnt.
- Die Versicherung bietet eine Police mit höheren Beiträgen an.
- Die Versicherung bietet eine Police an, die allerdings die jeweiligen Vorerkrankungen nicht versichert. Wenn Schadensfälle auf die Vorerkrankungen zurückzuführen sind, gibt es also keine Leistungen.
Die dritte Option sollte gemieden werden, weil die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Versicherte jahrelang Beiträge zahlen und am Ende ohne Schutz dastehen.
Je nach Versicherung werden Risiken unterschiedlich bewertet. Wer anonyme Risikoanfragen bei unterschiedlichen Anbietern stellt, kann herausfinden, welche Vorerkrankungen wie stark ins Gewicht fallen. Der eine Anbieter lehnt vielleicht einen Vertragsschluss ab, während ein anderer immerhin eine Police mit Risikozuschlägen anbietet. Wichtig ist, dass die Anfrage anonym gestellt wird. Wer schon einmal von einer Versicherung abgelehnt wurde, hat auch bei anderen Unternehmen schlechte Chancen. Die anonyme Risikoanfrage wird über einen Versicherungsberater abgewickelt.
War dieser Ratgeber hilfreich?
Vielen Dank für Ihre Bewertung. Bitte teilen Sie uns mit, wieso Sie diese Seite nicht sehr hilfreich fanden. Fehlen Informationen? Sind Ihnen Fehler aufgefallen? Wir freuen uns über jeden Hinweis.
Ratgeber teilen
Vielen Dank für Ihre Bewertung. Bitte teilen Sie uns mit, wieso Sie diese Seite nicht sehr hilfreich fanden. Fehlen Informationen? Sind Ihnen Fehler aufgefallen? Wir freuen uns über jeden Hinweis.